„Auf der Straße zu malen bedeutet, ein echter Teil der Stadt zu werden. Es ist kein Zuschauersport.“[1]
Banksy
Banksy ist ein Mysterium, ein Mythos, eine Legende. Die Öffentlichkeit kennt ihn nicht, dennoch ist er omnipräsent und das nicht nur in der Kunstwelt. Seine Graffitis kennt die ganze Welt, doch ihn selbst kennt bisher kaum einer. Ist es nur ein Künstler oder gar ein Kollektiv? Ist es eine Künstlerin? Wahrscheinlich weiß das nur das nähere Umfeld Banksys. Es gibt immer wieder Gerüchte, wer es sein könnte. Doch wollen wir es am Ende denn wirklich wissen oder ist vielleicht doch der Mythos, die Legende das Spannende?
Graffitis gehören seit langer Zeit zum Straßenbild moderner Städte. Nicht alle Graffitis haben Kunstcharakter. Doch die Arbeiten von Banksy gehören in die Kategorie Kunst. Neben seiner Street-Art gibt es auch Drucke des Künstlers, die sich jedoch zumeist in Privatbesitz befinden.
Banksys Werke werden nachgeahmt und die Originalwerke erzielen Rekordpreise in den Kunstauktionen. Und wahrscheinlich unterstützt der legendäre Charakter die Berühmtheit.
Dem Künstler ist es wichtig „die Öffentlichkeit mit allen möglichen Bildern und allen möglichen Orten zu erreichen.“[2]
„… wenn man nicht irritiert ist, dann versteht man es nicht.“[3]
Das Zitat ist der Titel eines seiner Werke aus dem Jahr 1998 in Bristol. Ein Operationssaal, ein Graffiti, ein Wording, liegt dabei auf dem Operationstisch und muss von Ärzten wiederbelebt werden.
Banksy begann in Bristol aktiv zu sprayen. Von hier aus verbreitete sich seine Kunst über London in alle Städte der Welt. Dabei nutzt er für seine Graffitis Schablonen, mit deren Hilfe er groß- oder kleinformatige Street Art an die Wade bringt. Unterstützend wirken die Worte, die er hinzufügt.
Bildsprache und Gesellschaftskritik
Banksys Bildsprache hat seine eigene Ästhetik. Sie ist moralisierend, nah am Zeitgeschehen, griffig und modern. Es ist eine universelle Sprache, die ein jeder versteht und zum Innehalten auffordert. Seine Werke bedürfen keiner erklärenden Texte, sie stehen für sich und sind leicht verständlich.
Mit seinen Werken übt der Street-Art Künstler Kritik an politischen, sozialen und gesellschaftlichen Missständen, Akteuren und Handlungen. Seine Graffitis enthalten immer eine Botschaft, politischen oder gesellschaftlichen Inhalts. Bekannte Motive ändert er ab, so dass seine Bildsprache erkannt wird.
Kritik an jedweder Art von Diskriminierung und Rassismus, am Konsumverhalten der Menschen und an der Umweltverschmutzung sind die wichtigsten Themen seiner Arbeit. Und all diese Themen bleiben in unserer Gesellschaft zeitlos.
Kostenlose Kunst für alle zur Verfügung zu stellen, ist daneben ein Anliegen des Künstlers. Oder vielleicht der Künstlerin?
Was gibt uns Banksy mit seiner Kunst auf den Weg? Banksy erinnert uns an Menschlichkeit und menschliches Handeln. Ohne mit dem Finger zu zeigen, ohne Vorverurteilungen, ohne zu richten, gibt der Künstler oder die Künstlerin uns als Gesellschaft mit der Kunst eine Richtung vor, eine Richtung in bedächtiges und achtsames Handeln, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und Toleranz. Es kann so einfach sein, uns an wichtige Dinge des Menschseins in einer Gemeinschaft mit anderen zu erinnern: durch die Kunst des Graffitis.
Katalog
Der Katalog „BANK¿Y“ der Autoren Stefano Antonelli und Gianluca Marziani gibt einen detaillierten und ausführlichen Überblick über das Oeuvre des Street-Art Künstlers. Zudem versuchen sie ihn in die Street-Art Szene und den Kontext urbaner Kunst einzuloten. Dabei betrachten sie die Mystifizierung Banksys und auch die gesellschaftliche Einordnung seines Werkes. Der Katalog ist zur Untermauerung aller Bildnachweise gespickt mit zahlreichen Zitaten. Zudem finden sich viele Bilder, die die Texte begleiten und die Kunst veranschaulichen. Was ist auch ein Kunstkatalog ohne Bilder?
Der Katalog beginnt mit einem Intro, das eine Einführung zur Street Art und zur Person Banksys bietet. Es folgen weitere Kapitel, die sich der Künstlerperson Banksy detailliert nähern. Den Hauptteil nimmt die Timeline ein, die Werke der Jahre 1998 bis 2020 näher beleuchtet. Zum Abschluss gibt es noch zwei Kapitel „Sprache“ und „Anonyme Identität“, die auf Banksys Kunst eingehen. Den Abschluss und letzten Überblick bietet ein Q&A, das kurz und knapp die wichtigsten Fragen noch einmal zusammenfasst.
„Viele Leute denken, dass das Malen von Bildern an Gebäude mitten in der Nacht die Aktivität eines traurigen und frustrierten Menschen ist, der keine andere Möglichkeit hat, Aufmerksamkeit oder Anerkennung zu erregen. Vielleicht haben sie Recht (sic!), aber ich habe auch Ausstellungen in Galerien gemacht, und wenn man die Öffentlichkeit mit allen möglichen Bildern an allen möglichen Orten erreicht, merkt man, dass Leute, die so denken, wirklich einen Schritt zurück sind.“[4]
Die Timeline seiner Werke gibt ein umfassendes Resümee seines gesamten Schaffens und zeigt seine Arbeiten, die die Zeit im Original nicht überdauern werden. Dafür sind sie nun in dem Katalog auf Papier gebannt und können jederzeit angeschaut werden.
Der Katalog versucht sich durch die Auseinandersetzung mit Street-Art und der Betrachtung Banksys Werken in chronologischer Folge dem Künstler, der Künstlerin oder dem Künstlerkollektiv zu nähern und einen genaueren, intensiveren Blick auf ihn oder sie zu ermöglichen.
Abschließendes Fazit und persönliche Meinung
„Graffiti ist Dissens auf niedrigem Niveau – Dissens, der kaum gehört wird -, aber Utensils haben eine andere Geschichte, sie wurden verwendet, um Revolutionen zu starten und Kriege zu beenden. Sie haben eine inhärent politische Ästhetik.“[5]
Der Katalog ist anschaulich, umfangreich und sehr informativ. Viele Abbildungen und ausführliche Texte ergänzen sich gegenseitig. Jedoch fehlt der Fokus. Es sind sehr viele Informationen und viele Zitate, so dass der Kern der Geschichte über Banksy untergeht. Zudem bekommt der Leser das Gefühl der Wiederholung.
Ich finde den Katalog sehr schön und für jemanden, der sich mit Banksy noch nicht beschäftigt hat, ist er eine gute und spannende Informationsquelle. Mir jedoch hat eine anfängliche Fragestellung, eine Arbeitshypothese oder ein Thema gefehlt, das dann als roter Faden für den Katalog dienen sollte. So kann es passieren, dass sich der Leser in der Vielfalt der Informationen verliert und ihm im Anschluss der Kopf raucht. An vielen Stellen sind es zu viele Zitate und zu viele Informationen.
Die Bilder veranschaulichen sehr gut alle durch den Text gegebenen Informationen und begleiten schön durch den gesamten Katalog. Zudem ist das Bildmaterial sehr umfangreich, so dass ein genauer Blick auf das Werk Banksys ermöglicht wird. Auch die Auswahl dieser Bilder ist meiner Meinung nach, gut getroffen.
Details zum Katalog:
Stefano Antonelli & Gianluca Marziani: Banksy
240 Seiten, zahlreiche Fotos, Hardcover, 254 x 285 mm, ISBN 978-3-96664-534-8, €(D): 29,95
Verlag: Plaza – Ein Imprint der Heel Verlag GmbH
[1] Banksy, Katalog, S. 48.
[2] Banksy, Katalog, S. 48.
[3] Banksy, Katalog, S. 56.
[4] Banksy, Katalog, S. 48.
[5] Banksy, Katalog, S. 44.
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