August Macke, der Expressionist, der zu früh starb und der Welt farbenfrohe, exzentrische und auch lebensnahe Bilder hinterließ. Seine Bilder und Sujets stellten zumeist alltägliche Szenen dar. Aber darauf, was dargestellt ist, kam es nicht an. Mit Blick auf seine Werke wird schnell Mackes Überzeugung deutlich, dass Farben und Formen Ideen vermitteln könnten. Allein die Farbe und allein die Formen seien bei einem Bild das Entscheidende. Sie verleihen dem Bild das Leben und setzen alles in Bewegung.
„Die Lebendigkeit einer Spannung wächst mit der Ungleichförmigkeit der Einzelteile.“, so Macke.
„Abschied“und „Dame in grüner Jacke“, Besitz der Sammlung des Museum Ludwig, Köln, zeigen beide die Handschrift Mackes, beide zeigen etwas Trauriges, das eine sofort auf den ersten Blick, das Zweite eher subtil, auf den Zweiten Blick. Beide sind sie in ihrer Darstellungsweise hingegen sehr unterschiedlich.
Wichtigstes Element beider Bilder ist die Farbe. Klare Farben, die sich miteinander zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Zunächst ist es das, was den Blick fesselt. Erst dann wird die Szene deutlicher, das, was dargestellt wird. Macke wurde zunächst durch den Impressionismus beeinflusst und dann durch Matisse und dessen Umgang mit Farbe als wichtiges Element der Malerei.
Mackes Menschen haben keine Gesichter, sie blicken sich nicht um, sie sehen nichts, sie sagen nichts, sie riechen nichts und sie hören nichts. So wird jeder Gemalte in seinen Werken zu einer anonymen Person, die Menschen sind nicht identifizierbar und nicht erkennbar, so auch in „Abschied“ und „Dame in grüner Jacke“. Beide Bilder unterschieden sich aber deutlich in Farbe und Bildkomposition. Wogegen „Abschied“ düsterer und trister wirkt, ist „Dame in grüner Jacke“ freundlicher und farbenfroher, denn die vordergründige Frau leuchtet, vor allem das Grün der Jacke der Dame ohne Gesicht. Beide Bilder erzählen eine andere Geschichte, beide Bilder entstanden aus einem unterschiedlichen Gefühlskontext heraus. Doch eins teilen sich beide: das Gefühl der Einsamkeit, das in „Abschied“ sofort deutlich wird, in „Dame mit grüner Jacke“ jedoch erst auf den zweiten Blick.
Die Dame in der grünen Jacke steht zentral in der Bildmitte mit leicht gesenktem Kopf. Sie trägt einen blauen Rock und einen rotbraunen Hut, zudem eine blaue Tasche. Links und rechts von ihr stehen im Hintergrund jeweils ein Paar. Das rechte Paar schaut über eine mauer hinunter. Der Mann des linken Paares zeigt seiner in Rottönen gekleideten Partnerin etwas, sie neigt den Kopf.
Gerahmt wird die Szene von zwei Bäumen. Im Hintergrund ist ein Fluss, der in einen See mündet, die Ufer und Häuser. Der gemalte See ist der Thuner See. Die Szene scheint erhöht, vielleicht auf einem Hügel über dem Fluss, sich zu ereignen. Das Wetter ist auf dem Bild klar und sonnig dargestellt. Der Boden ist schattig. Vielleicht ist die Dame unterwegs auf einem Spaziergang an einem sonnigen Sonntagnachmittag und sinnt über etwas nach, dass ihr in der vorherigen Woche geschehen ist? „Strahlendes Sonnenlicht“, so beschreibt es der Museumskatalog des Museum Ludwig. Und auch der französische Maler Robert Delaunay soll dieses Thema als wichtig erachtet haben, mit dessen Werk beschäftigte sich Macke seit 1912 eingehend.
Die zentrale Frau wirkt dem Bild entrückter, sei nimmt eine besondere Position ein. Zum einen wirken die Farben, in denen sie gemalt wurde, leuchtender und sind nicht mit weiß gebrochen. Zum anderen ist es ihre Gestik, die sie entrückt, sie wirkt gedanklich woanders, sie schaut die Paare zu ihrer Seite nicht an, auch die Landschaft schient sie nicht zu begeistern. Sie ist der Punkt, den der Blick des Betrachters als Erstes trifft, erst dann eröffnet sich der Hintergrund. Sie scheint einsam zu sein, darüber können die leuchtenden Farben, die sich mit den ineinandergreifenden Formen verbinden, nicht hinwegtäuschen.
„Abschied“ ist ein trauriges und bedrückendes Bild, dunkle Farben dominieren. Es ist das letzte große Bild Mackes bevor er 1914 in den Krieg musste und von dort kehrte er nicht mehr nach Hause zurück. Es ist wahrhaftig ein Abschied, der Titel so passend. Zu sehen sind starre Silhouetten, ein trübes und fahles Licht, das vom Hintergrund aufscheint, aber kein wirkliches Licht, keine Helligkeit bringt. In der Mitte steht ein kleines Mädchen, ohne Gesicht, anonym und starr. Es gibt keine Bewegung und keine Lebendigkeit. Im Bild ist die Traurigkeit deutlich spürbar. Auch in diesem Bild sind die Farben und Formen wichtig. Hier unterstreichen sie die Traurigkeit. Sie verbinden sich zu einem Szenario, das pure Einsamkeit verkörpert.
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