Die Fotografien von Jens Mennicke umfassen die Bildgenres Landschaft, Stillleben und Interieur. Dabei aber sind es Momentaufnahmen, uninszeniert und authentisch. Es ist das Alltägliche, das uns in den Arbeiten begegnet und doch bleibt es nicht bei dem Gewöhnlichen. Jens Mennicke versucht eine neue Perspektive auf die Dinge zu schaffen, die uns umgeben und die versteckt erscheinen. Dies setzt er in seinen Fotografien auf außergewöhnliche Weise um. So wird das Gewöhnliche zum Außergewöhnlichen erhoben.
Kunstfotografie kann elitär wirken, wenn sie nicht erklärbar und verständlich ist. Das Alltägliche in Mennickes Fotografien jedoch nimmt ihnen das Elitäre und das Unverständliche, dennoch wirken sie klassisch und auch fotografisch konventionell durch ihren Minimalismus und ihre harmonische Bildsprache. Im Ergebnis setzt sich ein Bild zusammen, zu dem jeder Zugang finden und zu dem jeder eine Verbindung aufbauen kann, denn gezeigt werden Dinge, die jeder kennt. Der Blick wird durch die Kamera geschärft auf etwas gerichtet, das in der Fotografie später gleichzeitig schön und anregend wahrnehmbar ist, etwas, das sich ausgewogen in das Umgebene einfügt. Es ist der Blick auf das Banale, das durch die Fotografie neu fokussiert und ästhetisiert wird.
Das Alltägliche
Dinge, die uns täglich umgeben und die wir nicht mehr bewusst wahrnehmen, Dinge, die uns nicht interessieren, aber uns dennoch im Alltag begegnen, finden sich auf Jens Mennickes Fotografien. So fotografierte er beispielsweise in den Abfall geworfenes Verpackungsmaterial in Rom, auf dem der Markennamen „Fendi“ prangte. Durch Mennickes ausschnitthafte Fotografie, die den gedruckten Namen auf Luftpolsterfolie zeigt, wurde so ein ästhetischer und interessanter fotografischer Hinweis auf das Gewöhnliche, das uns umgibt. Er gibt dem gezeigten Gegenstand so eine neue Bedeutung, eine andere Konnotation, und macht aus einem Abfallprodukt etwas Schönes.
Alec Soth zeigte in seinen Arbeiten eine neutrale Ästhetik, unaufgeregt und ruhig. Und auch Jens Mennicke kann einfache Dinge unaufgeregt in künstlerische Fotografie transportieren. Jedoch führt er dies einen Schritt weiter, indem er Bildkomposition, Farbgebung und Aufbau minimalisiert und auf einen Ausschnitt reduziert. Die Fotografien sind dabei nicht bearbeitet, sie sind so wie sie sind und wie wir sie sehen.
Fotografische Bezüge
Bezüge zu Wolfgang Tillmanns oder Axel Hütte sind naheliegend, sind die Sujets doch scheinbar zufällig gewählt und in den Kontext der Trivialität gesetzt. Es ist eine Form der Neuauflage der Pop Art, Alltag in Kunst zu transformieren. Doch trotz möglicher Referenzen zu renommierten deutschen Fotografen, bleibt das fotografische Werk Jens Mennickes eigenständig und seiner ästhetischen Form individuell. Und manchmal, aber wirklich nur manchmal, durchscheinen die Werke gewisse träumerische Elemente, beispielsweise wenn der Regen auf das Fenster niedergeht und nur noch Farbreflexe durch den Regenvorhang schimmern. Auch der Einfluss des bekannten amerikanischen Fotografen Lewis Baltz ist in Jens Mennickes fotografischem Werk spürbar. Denn auch Baltz interessierte sich für das Gewöhnliche, er dokumentierte mit einem eigenen Stil die Lebenswelten der Menschen, Industriegebiete oder Häusersiedlungen wurden zu den Bildgegenständen. In diese Tradition reiht sich Jens Mennicke und ergänzt sie, in dem er das Repertoire erweitert und die Lebenswelten der Menschen sogar bis ins letzte Detail ablichtet.
Schnittstelle zwischen Kunst und Design
Jens Mennicke bewegt sich in seiner Fotografie an der Schnittstelle zwischen Kunst und Design, wie auch zum Beispiel die Pop Art oder das Bauhaus es tat. Visuell geschult versteht er sich auf Ästhetik, so kann er in seinen Fotografien zu einer neuen ästhetisierenden Wahrnehmung verhelfen und Dinge neu präsentieren, die dem Betrachter vielleicht nicht so interessant erscheinen mögen. Dies ist eine Gratwanderung, die nicht jedem glückt, ohne nur an der Oberfläche zu bleiben. Das inhaltlich Spannende bleibt erhalten. Das Narrative ergibt sich einfach aus der Betrachtung und der ganz eigenen individuellen Wahrnehmung heraus.
Die gegensätzlichen Merkmale der Bilder wie Zufall und Bewusstheit, Spontanität und Bedachtheit, erzeugen die spannungsaufbauende Wirkung. Und genau diese Kontraste in der Fotografie von Jens Mennicke lassen die Bilder nicht inszeniert erscheinen. Es ist kein Bruch mit dem Authentischen wie es häufig der Fotografie vorgeworfen wird. Es sind echte Lebensrealitäten, die sich im Moment widerspiegeln.
Fragments – Abstraktionen des Alltags
In der Werkreihe Fragments erschafft Jens Mennicke den Alltag neu. Die Ausschnitte reduzieren das Gesehene auf minimale Bestandteile eines Ganzen. Es entstehen so Abstraktionen des Lebens, die aber in ihrer Ausschnitthaftigkeit vollendet sind. Das Repertoire dabei reicht von gewöhnlichen Gegenständen wie einem Sonnenschirm oder einer Zitrone über Landschaftsausschnitte mit oder ohne Menschenansammlungen bis hin zu Interieurs und Lebensräumen. Die Sujets sind dabei allumgreifend und zeigen nicht nur schöne Dinge, auch fast intim anmutende Szenerien tauchen in der fotografischen Serie auf. Die bekannte Welt, aber auch unbekannte Umgebungen und Lebensweisen, finden Eingang in die Fotografien, so dass Fragments partiell gesellschaftliche Studien beinhalten könnten. Dabei ist die gezeigte Atmosphäre in den verschiedenen Fotografien aber nie bedrückend oder gar melancholisch. Sie ist eher als neutral, objektiv oder szenisch beschreibbar.
Es sind die Ausschnitte des Alltäglichen, des Trivialen, die sich in Fragments wiederfinden. Jedoch ist die Banalität des Alltäglichen nicht erkennbar. Dem entgegengesetzt sind die fotografische Tradition, die Ästhetik des Gesamtbildes und die Harmonie der Bildsprache. Die Teilhaftigkeit verschwindet hinter der minimalistischen Ästhetik und wird zur Nebensache.
Neue Ästhetik
Der Blick wird zu einer neuen Ästhetik gelenkt, die in der Wahrnehmung minimalistisch und auch clean anmutet. Fragments hinterfragt unsere Perspektive auf das Gewöhnliche, auf Dinge, die uns tagtäglich begegnen und uns umgeben. Und schafft so eine neue Perspektive auf das Wahrgenommene. Es sind vielmehr als nur Ausschnitte des Alltäglichen, vielmehr sind es Lebensausschnitte, die uns gesellschaftliche und soziale Lebensweisen verdeutlichen.
Das Spiel mit dem Ausschnitt, dem Fragment, ist nicht einfach, es ist ein Ausloten von Ästhetik und dem Normalen, von Abstraktion und Erkennen. Das uns Vertraute wird durch die Abstraktion in Frage gestellt und vielleicht wird auch unsere Wahrnehmung damit auf die Probe gestellt. Die Fotografien wecken so beim Betrachter Fantasie und das Weiterdenken zum Ganzen.
Weitere Infos:
Auf der Website von Jens Mennicke finden sich einige seiner Werke: www.studiomennicke.com
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