Er gehörte bereits zu seiner Zeit im 17. Jahrhundert zu den vielseitigsten und bekanntesten Malern: Peter Paul Rubens. Und noch heute ist der 1577 in Siegen geborene Maler in der Kunstgeschichte einer der bedeutendsten Künstler. In seinen Bildern führte er virtuos fantastische Bildwelten aus und zeigte dem Betrachter bunte und vielschichtige Reiche, angehäuft mit biblischen, mythologischen und auch künstlerischen Zitaten. Er war ein Intellektueller und vielseitig begabt. Er war ein Künstler, der Korrespondenz mit vielen Gelehrten führte, so zum Beispiel auch Galileo.
Das Städel Museum zeigt nun in einer umfassenden Ausstellung „Kraft der Verwandlung“ mit rund 100 Werken, darunter 31 Bilder auf Leinwand und 23 Zeichnungen von Rubens selbst, neue Aspekte des Schaffens des Meisters. Die Schau setzt sein Werk in Beziehung zu seinen Vorbildern und Zeitgenossen, so wird veranschaulicht inwiefern Rubens sich Inspirationen von anderen Künstlern holte und diese immer wieder für seine Werke nutze. Er legte sich Skizzen als Mustervorlagen an, auf die er in seinen Gemälden immer wieder zurückgriff und so die Antike, Zeitgenossen, Vorbilder, die ganze Kunstgeschichte zitierte. Die Ausstellung begann am 8. Februar und endet am 21. Mai 2018. Mit der Präsentation wird eine große Lücke geschlossen, zahlreiche Ausstellungen zu Werken von Rubens gab es bereits, doch nicht eine, die diese Arbeits- und Vorgehensweise dokumentiert. Strukturiert ist die Ausstellung nach Bildmotiven und Themen.
„Mit diesem groß angelegten Ausstellungsvorhaben können wir unserem Publikum die Genialität eines außergewöhnlichen Künstlers in all ihren Facetten präsentieren. Die umfassende Schau eröffnet einen faszinierenden Blick auf Meisterwerke des Barock, die den Betrachter – damals wie heute – in ihren Bann ziehen.“[1], so der Direktor des Städel Philipp Demandt.
Kaum ein anderer Künstler prägte die Kunstgeschichte und das Barock so sehr wie es Peter Paul Rubens getan hatte. Dabei finden immer wieder antike und zeitgenössische Skulpturen, Elemente aus den Malereien Tizians oder Tintorettos Eingang in seine Bildwerke. So präsentiert die Ausstellung im Städel nun diesen Aspekt und wirft dabei folgende Ausgangsfragen auf: Wie sehr war Rubens durch andere Einflüsse wie der Antike, Künstlern der Renaissance oder gar Zeitgenossen geprägt? Und wie ließ Rubens diese Einflüsse und Vorlagen in sein eigenes Werk einfließen? Veranschaulicht wird das anhand Gegenüberstellungen und Vergleichen, so tritt Rubens in einen direkten Dialog mit vorherigen und zeitgleichen Meistern.
Die Ausstellung beginnt eindrücklich und tonangebend, mit einem charismatischen Gemälde des Christus, „Ecce homo“, um 1612. Rubens zeigt in diesem Werk all sein Können, das Farbenspiel harmonisiert, der Faltenwurf wirkt realistisch, Christus mit der Dornenkrone leidet spürbar. Daneben gestellt, ist eine Statue, die einen Zentaur zeigt. Die Brust des Christus ist die Brust des Zentaur, im Vergleich. Rubens zeichnete und übte an der Statue. Verwendete die Elemente für seine Gemälde. Dies wird der nebeneinander gesetzten Werke und Zeichnungen, die Rubens dafür anfertigte, deutlich.
Bei näherem Hinschauen sieht der Betrachter in den Werken Rubens immer wieder Referenzen zur Antike. Der Maler studierte die Skulpturen dieser Zeit intensiv in seinen Skizzen und verwendete diese als Vorlagen für seine eigenen Figuren. Immer wieder bediente er sich für seine eigenen Meisterwerke an diesem selbst angelegten Ideenvorrat. Dabei verwendete Rubens eine allegorische Bildsprache und mythologische Symbole. Einige seiner Zeichnungen sind eigenständige Werke, denn sie sind so detailreich und wohlstudiert ausgeführt.
In der Kunstgeschichte war es durchaus üblich, umher zu reisen und sich verschiedenste Meister der Kunst anzuschauen und diese zu skizzieren, zu üben, und seine eigene Technik zu verfeinern. So entnahm beispielsweise bereits Tintoretto Figuren von Tizian oder Michelangelo in seine eigenen Werke indem er sie direkt kopierte. Er tat es aber auch um zu zeigen, dass er seinen Vorbildern in nichts nachstand. Es erscheint so nicht verwunderlich, dass auch Peter Paul Rubens während seiner Reisen durch Europa sich Inspirationen holte und anhand derer übte. Dabei legte er sich Vorlagen- und Skizzenbücher an, aus denen er immer wieder schöpfte und die er immer wieder zitierte. Rubens reiste viel, da er neben seiner Berufung als Künstler noch im Diplomatendienst tätig war, blieb das unvermeidbar.
Der flämische Künstler fertigte vorab schnelle Skizzen an, auch in Öl. Durch diese konnte er seine Ideen und sein Konzept für das bevorstehende Werk entwickeln und gegebenenfalls an den Auftraggeber oder an seine Werkstatt kommunizieren. Es war ein zeichnerischer Ideenvorrat, aus dem er immer wieder neu schöpfte. Diese Skizzen entstanden häufig auch anhand seiner Vorbilder. So gewinnt der Betrachter in der Ausstellung im Städel den Eindruck, Rubens bereite bereits in seinen Zeichnungen seine späteren Bilder, die er einmal verwirklichen wolle, vor. Diese Vorbereitung enthielt Entwürfe und Skizzen. Oft auch einzelne Zeichnungen mit vergrößertem Motiv, um die Details bereits festgelegt zu haben.
Zu sehen in der Ausstellung ist des Weiteren eine Skulptur der Venus, an der Rubens sich abgearbeitet hatte. Die Skulptur befindet sich in der Hocke und badet. Dieses Motiv nutzte der flämische Künstler als Vorlage für eine frierende und kauernde Venus in „Venus Frigida“, 1614. Aber auch in dem Gemälde Venus um Adonis trauernd, um 1614 entstanden, taucht die Vorlage der Venus wieder auf.
Bei dieser Vorgehensweise ist aber herauszustellen, dass Rubens nicht einfach abzeichnete. Nein, er belebte seine Figuren, fügte Farben hinzu, machte sie lebendig durch Bewegungen und Formen. Durch die Bewegungen und Drehungen entwickelte Rubens eine Dynamik, die seine Bilder lebendig wirken ließ. Die Werke von Peter Paul Rubens stechen durch ihre Farbigkeit und seinen virtuosen Umgang mit Licht hervor.
Rubens trat in den Dialog mit antiken Werken, seinen Vorgängern und Zeitgenossen der Kunst. Er setzte sich in seinem Schaffen intensiv mit der Kunstgeschichte auseinander, dies prägte ihn sicherlich in seiner eigenen künstlerischen Arbeit. Inwieweit Rubens die Kunstgeschichte und Werke anderer Künstler adaptierte, ist in der Ausstellung im direkten Vergleich und durch Verweise möglich und anschaulich.
„Rubens war einer der produktivsten und spannendsten Künstler des Barock, der nicht nur zahlreiche nachfolgende Künstlergenerationen beeinflusste, sondern auch selbst verschiedene Quellen für seine Bilderfindungen förmlich in sich einsaugte. Unsere Ausstellung bietet die einmalige Gelegenheit, diesen kreativen und schöpferischen Prozess nun direkt nachzuvollziehen“.[2]
Peter Paul Rubens. Das Städel bietet eine neue Sichtweise auf diesen bekannten und gut erforschten Künstler. Neue Perspektiven sind geschaffen. Neue Entdeckungsmöglichkeiten. Und auch für heute zeigt Rubens Herangehensweise neue Wege auf, Kunst zu entdecken, Kunst zu machen, Kunst zu zitieren und dennoch originell zu bleiben. Obwohl Rubens vielleicht nicht der Größte war, nach Meinung des belgischen Symbolisten Émile Verhaeren, „doch sicherlich der schöpferischste aller Maler“.[3]Die Aussage bleibt dahingestellt.
[1] Philipp Demandt, Direktor des Städel, Pressemitteilung zur Ausstellung
[2] Jochen Sander, Kurator der Ausstellung und Sammlungsleiter für Deutsche, Holländische und Flämische Malerei vor 1800 am Städel Museum, Pressemitteilung zur Ausstellung
[3] Hans-Joachim Müller: Musterbuch mit Zeichnungen So arbeitete das Malergenie Peter Paul Rubens wirklich, https://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article173379002/Rubens-So-arbeitete-das-Malergenie-wirklich.html
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