„Es gibt zwei Arten des Schönen: In der einen liegt Anmut, in der anderen liegt Würde.“ [1]
(Sagte einst Marcus Tullius Cicero.)
Schönheit ist seit jeher ein viel verwendeter Begriff, heute vielleicht sogar mehr denn je, und ist auf so vieles, Dinge, Menschen, Landschaften anwendbar. Doch klar fassen, beschreiben, eingrenzen, lässt sich Schönheit nur sehr schwer. Für jeden ist Schönheit etwas anderes. Kriterien festzulegen versuchen hierbei viele, doch richtig möglich und realistisch ist das nicht. Der Begriff ist komplex, vereint viele Ebenen und kann sich auf vielfältige Weise auf die Welt und die Menschen auswirken. Schon seit der Antike gehört Schönheit zum Forschungsgegenstand, denn Schönheit fasziniert, Schönheit lässt hinterfragen: Was ist wirklich schön und was bedeutet Schönheit überhaupt?
Sinn für Schönheit
Mit allen Sinnen ist Schönheit wahrnehmbar. Schönheit, ein berühmtes Wort in unserer Gesellschaft, auch ein schönes Wort. Es wird oft verwendet, mit verschiedenen Hintergründen, Kontexten, Bezügen. „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“. Dieses Zitat liegt in aller Munde, ist banal, aber auch zutreffend, denn trotz herrschender Doktrinen, ist Schönheit immer mit subjektiven Konnotationen belegt.
Schönheit ist ein abstrakter Begriff, der nicht eindeutig definierbar und greifbar ist, ähnlich wie Liebe oder Hass. Sie ist mit allen Aspekten des menschlichen Lebens und Daseins verknüpft und betrifft viele Bereiche, so ist der Begriff beispielsweise gesellschaftlich geprägt. Etwas wird als schön bezeichnet, wenn es angenehm aussieht, einen optisch ästhetischen Eindruck hinterlässt, aber auch hörbare oder fühlbare angenehme Eindrücke gelten als schön. Schönheit hat etwas mit Sinnlichkeit zu tun, mit der Art und Weise wie jemand Dinge erfährt, wahrnimmt oder fühlt. Dabei ist der Begriff der Schönheit begleitet durch positive Bedeutungen und Assoziationen und ist nicht negativ besetzt.
Sie, die Schönheit, ist ein Ideal. Was als schön im alltäglichen Umgang gilt, wird nach einem bestimmten Maßstab bewertet und ist von diesem Ideal abhängig.
Schönheit in der Philosophie
In der Philosophie, der Disziplin der Ästhetik, wurde und wird der Begriff näher untersucht und beleuchtet, von der Antike bis heute ist er Forschungsgegenstand. Somit hat Schönheit eine lange Tradition im Hinblick auf das Menschsein, dennoch hat sich der Kontext und das Verständnis immer weiter gewandelt und entwickelt.
Bei Platon hieß es, dass die Seele des Menschen dem Schönen zugeneigt sei. Schönheit habe ein passendes Verhältnis zum Göttlichen. Er verallgemeinerte und sagte alles Schöne sei gut. Heute sieht man das sicherlich nicht mehr so umfassend pauschalisiert.
Im Mittelalter war Schönheit dann der „Glanz der Wahrheit“. Alexander Gottlieb Baumgarten verwendete im Zusammenhang mit der Schönheit erstmals den Begriff der Ästhetik, in seinem Werk „Aesthetica“ von 1750/1758. Hierbei wurde Schönheit als Urteil des Verstandes definiert und nicht mehr als Eigenschaft von Dingen. Immanuel Kant betrachtete den Begriff in seinem Werk „Kritik der Urteilskraft“ von 1790. Schönheit war für ihn Gegenstand einer Tätigkeit der Urteilskraft. Er nannte es das ästhetische Urteil oder auch Geschmacksurteil. Das zeigt, dass Schönheit mit Geschmack und dem Urteil der Menschen in Verbindung gesetzt wird. Beide Dinge bedingen sich. Schönheit wurde im Laufe der Entwicklung des Menschen von der Philosophie immer wieder in Augenschein genommen und analysiert.
Schönheit in den Naturwissenschaften
Im Bereich der Naturwissenschaften spielt Ästhetik und Schönheit schon seit jeher eine Rolle. In der Mathematik beispielsweise wird eine Theorie, die verifiziert wird, als schön bezeichnet. Demnach ist hier Wahrheit gleich Schönheit. Auch können mathematische Objekte als „schön“ bezeichnet werden, wenn sie symmetrisch sind, so zum Beispiel der goldene Schnitt. Der wiederum auch in der Kunst, vor allem der Fotografie, angewendet wird, um eine harmonische und ausgewogene Komposition und Verteilung der dargestellten Inhalte zu erzielen.
In der naturwissenschaftlichen Forschung gibt es die noch junge Disziplin Neuroästhetik. Hier wird versucht die Neurowissenschaft, das Schönheitsempfinden und die Kunst miteinander in Einklang zu bringen und eine Verbindung zu schlagen. Die Neuroästhetik ist ein Teil der experimentellen Ästhetik und basiert auf empirischer Forschung und untersucht das individuelle Erleben und Verhalten. Die Untersuchungsgegenstände sind dabei vielfältig, es können zum Beispiel Kunstwerke oder Websites sein. Daneben gibt es noch die Disziplin der Evolutionären Ästhetik, die die evolutionäre Entstehung und die Entwicklung des ästhetischen Empfindens näher beleuchtet.
Schönheit in der Kunst oder kunstvolle Schönheit
Schönheit ist ein wichtiges Kriterium der Kunst, Schönheit bedeutet oft Ästhetik bzw. beide Kriterien sind eng miteinander verbunden. Um Kunst zu bewerten, gehören schöne Aspekte zum System. In Kunst wird jedoch der Begriff immer wieder hinterfragt. Auch werden ihm Hässlichkeit, Grausamkeit und Gewalt entgegengesetzt, um sich der Schönheit zu widersetzen und ihre Bedeutung zu negieren. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der von 1770 bis 1831 lebte, limitierte den Begriff des Ideals, der eng verknüpft ist mit der sinnlichen Darstellung, auf die Kunst.
Muss Kunst schön sein, um Kunst zu sein? Diese Frage wurde häufig gestellt und sie geht einher mit der Definition und Eingrenzung des Begriffs der Schönheit. Daher muss vorher zunächst gefragt werden, was Schönheit überhaupt bedeutet? Und dies ist wie bereits erwähnt nicht einfach. Es entsteht eine Diskussion, die sowohl schwierig ist als auch individuell betrachtet werden muss. In der Vergangenheit versuchten sich Kunsthistoriker und Theoretiker über die Frage nach Ästhetik und Schönheit in der Kunst einig zu werden. Es wurden Kriterien festgelegt, Schriften und Werke über Stilgeschichte und die Entwicklung von Ästhetik verfasst, so zum Beispiel von Johann Joachim Winckelmann. Er hielt 1755 und 1764 die Kriterien einer Ästhetik des Schönen fest und legte als Maßstab dessen den klassischen Kunststil, die antike Kunst, zu Grunde. Er legte damit ein Ideal für die kommenden künstlerischen Entwicklungen fest. Heute jedoch ist das Ideal nicht mehr so festgefahren, nicht so eng vorgeschrieben, alles ist heute machbar und kann als schön gelten.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts versuchten Künstler neue Wege in der Kunst zu gehen und die vorgeschriebenen Ideale außer Acht zu lassen, um neue Stile zu begründen. Seit spätestens des frühen 20. Jahrhunderts und der Zeit der Moderne wurde der Begriff der Schönheit in der Kunst kritisch betrachtet. Schönheit war nicht mehr unbedingt Wahrheit, sondern genau das Gegenteil. Das „Schöngemachte“ wurde als unwahr angesehen. So wurde auch der Begriff der Mode zum Unwahren. Dekorative Kunst wurde zum Kitsch. Wahre Kunst musste die Kriterien hässlich, erhaben und interessant erfüllen.
Bewertung von Schönheit?
Die Bewertung von etwas, das dem Kriterium der Schönheit entsprechen soll, ist immer auch einer gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet. Wie entwickelt sich ein Schönheitsideal und warum war es in den ganzen Jahrhunderten immer so verschieden? Was sieht unsere Gesellschaft heute als „schön“ an? Beeinflusst ist das Verständnis von Schönheit seit Jahren durch das Aufkommen und Verbreiten durch die verschiedenen Medien, Fernsehen, Internet, Modemagazine und Social Media.
Schönheit in Bezug auf den Menschen spiegelt sich zunächst in der Assoziation des Äußerlichen wieder, doch auch das Innerste, der Charakter und die Persönlichkeit können als schön beschrieben werden. Dieses Erkennen erfolgt meist erst in einem weiteren Schritt, da es nur durch Kennenlernen erfahrbar ist und nicht wie äußerliche Schönheit direkt wahrgenommen werden kann. Hier wandelten sich die Ideale immer wieder, es gab Zeiten, zu Lebzeiten von Peter Paul Rubens beispielsweise, da waren wohlgenährte Frauen, also etwas Beleibtere, Sinnbild von Schönheit und Sexappeal. In den 1990er Jahren waren es dann abgemagerte, hagere, krank wirkende Frauen, die von der Modeindustrie als Schönheiten erkoren wurden, der sogenannte Heroin-Schick. Und heute? Heute sollten Frauen durchtrainiert, schlank, fit und einfach perfekt aussehen. Jugendlichkeit ist ein weiteres Schönheitsindiz, es gibt zahlreiche operative Maßnahmenmöglichkeiten und Eingriffe, um einem jungen Aussehen nahe zu kommen. Dieser Jugendwahn, der mit Schönheit gleichgesetzt wird, könnte mit der Vergänglichkeit des Menschen zusammenhängen, denn keiner möchte an den Tod, der unausweichlich ist und zum Kreislauf des Lebens gehört, erinnert werden.
Schönheitsideal
Und wohlgemerkt, das Schönheitsideal bezieht sich in der Mehrheit auf Frauen. Frauen mussten den Ansichten nach seit jeher gewissen Schönheitskriterien entsprechen. Doch heute bezieht sich dies auch auf Männer, nicht im Maße wie auf die Frau, doch auch sie sind dem Schönheitsdruck mittlerweile ausgesetzt.
Die Soziologin Waltraud Posch erklärte, es sei „nichts Neues, dass der Körper zur Plattform der Inszenierung, zum Statussymbol und zu einem der zentralsten Medien der Identität wird“.[2]
Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen sollen, dass schöne Menschen immer wieder Vorteile haben, dass zum Beispiel schöne Kinder von Lehrern eher bevorzugt werden oder schöne Menschen größere Karrierechancen haben. Objektivität zu wahren und tiefere Betrachtungen bzw. Beurteilungen zu fertigen, sind kaum möglich.
Schönheit in Literatur und Film
In der Literatur und in Filmen spielen die Kriterien der Schönheit und deren Bewertungen als Charaktereigenschaften eine große Rolle, es gibt schöne und nichtschöne Stereotypen, der gute Held ist demnach meist der Schöne, der Böse ist oft hässlich. Quasimodo in Victor Hugos „Der Glöckner von Notre Dame“ ist hier eine der wenigen Ausnahmen. Kindern wird von Anfang an beigebracht, dass schön zu sein einen Vorteil mitbringt, in Märchen sind Prinzessinnen und Prinzen schöne Menschen, deren Wünsche letztlich in Erfüllung gehen. Der Weg des Schönheitsideals beginnt demnach schon in der Erziehung. Und später wird es schwer, ein neutrales Bild zu entwerfen und objektiv zu beurteilen, hat man die Bewertungskriterien bereits in früh mit auf den Weg bekommen.
Schönheit in allen Dingen
Die Auseinandersetzung mit Schönheit gehört zum Leben der Menschen, zur Gesellschaft, denn sie umgibt uns und auch wenn wir uns nicht damit auseinandersetzen wollen, kommt man oft nicht umhin, Schönheit zu betrachten und zu bewerten. Irgendwie erfolgt eine Beurteilung automatisch. Das Ideal der Schönheit übt auf den Menschen eine enorme Macht aus, es kann Entscheidungen über das eigene Leben in dieser Gesellschaft diktieren. Und die Frage nach der Beschäftigung mit Schönheit bleibt im Grunde nie oberflächlich. Schönheit und Leben sind eng miteinander verbunden. Die Sehnsucht nach Schönheit kann den Menschen antreiben und ihn bestimmen.
„Schönheit ist eigentlich nie traurig. Sie tut nur weh.“[3]
(Marilyn Monroe sagte diesen Satz kurz vor ihrem Tod.)
Muss über Schönheit diskutiert werden und warum ist das so? Kann nicht alles als schön, weil individuell, gesehen werden? Warum gibt es so viele Kriterien, die erfüllt werden müssen, um etwas als schön anzusehen? Oder ist Schönheit mittlerweile gar obsolet?
Mit dem heutigen Verständnis, der Entwicklung von Schönheit und gesellschaftlichen Ansichten, gehen auch viele Fragen einher. Diese können kaum beantwortet werden, es gibt zahlreiche Facetten im Umgang mit dem Begriff der Schönheit.
In der Beschäftigung mit dem Begriff der Schönheit und allem, was diesen umgibt, tauchen mehr Fragen als Antworten auf. Schönheit ist ein schwieriger Begriff, das Verständnis unterlag so vielen Veränderungen. Zudem ist es auch aus einer individuellen Perspektive zu betrachten, wodurch die Definition noch komplizierter wird.
Schönheit bezieht sich nicht nur auf den Menschen, sondern auch auf Gegenstände, andere Lebewesen, Dinge, unsere Umgebung, auf alles eigentlich was in der Welt besteht. Viele Disziplinen befassen sich mit Schönheit und dessen Begriff, die Philosophie, die Kunst, die Naturwissenschaften, die Soziologie. Die Schönheit des Menschen ist eher ein ideologisierendes Thema, der Mensch steckt heute mehr denn je in der Krise durch die Schönheit. Das Ideal wandelte sich durch die Jahrhunderte, doch die Möglichkeiten heute, zum Beispiel durch Plastische Chirurgie oder Extremdiäten, zwingen viele Menschen zu drastischen Maßnahmen, um dem Ideal, meist auch eher ihr eigenes oktroyiertes Ideal, zu entsprechen. Dagegen gibt es Menschen, die genau das Gegenteil leben und sich nicht in ein Korsett von Zwängen der Schönheitsansichten der Gesellschaft quetschen lassen wollen. Und was bleibt am Ende?
Am Ende bleibt die Frage: was ist Schönheit wirklich?
Ist Schönheit als Begriff überhaupt diskussionswürdig oder macht der Mensch mit seiner Suche nach Idealen dies zur ständigen Diskussion? Und was ist eigentlich Sinn und Zweck von Schönheit? Es wird wahrlich schwer eindeutige und befriedigende Antworten zu finden und zu geben. Und manchmal sind auch die Mysterien und Rätsel unserer Welt einfach nur schön.
Und letztlich ist Schönheit doch in jedem und in allem.
„Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet.“[4]
(Christian Morgenstern)
[1] Marcus Tullius Cicero: https://www.aphorismen.de/zitat/3444
[2] Waltraud Posch im Artikel: Nachdenken über Schönheit 26.10.2010, Süddeutsche Zeitung online, https://www.sueddeutsche.de/leben/nachdenken-ueber-schoenheit-schoen-wirklich-schoen-1.959631-2
[3] Marilyn Monroe, Artikel: Nachdenken über Schönheit 26.10.2010, Süddeutsche Zeitung online, https://www.sueddeutsche.de/leben/nachdenken-ueber-schoenheit-schoen-wirklich-schoen-1.959631-2
[4] Christian Morgenstern, https://www.aphorismen.de/zitat/6601
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