Traditionell und teilweise mit altmeisterlichen Techniken, dennoch zeitgenössische Malerei und als diese auch deutlich wahrnehmbar, so lässt sich der Malstil Stephan Melzls kurz und prägnant beschreiben. Figurativ, der Mensch steht im Vordergrund, trotz enthaltener abstrakter Elemente. Daneben holt Melzl zahlreiche ikonografische Verweise der Kunstgeschichte in die Neuzeit. Oder er verarbeitet religiöse Themen und Motive, indem er sie in einen zeitgenössischen Rahmen setzt, einfühlsam und alle Sinne anregend gestaltet.
In der Thomas Rehbein Galerie, Köln, ist eine kleine, aber feine Ausstellung mit Arbeiten Melzls bis zum 19. Mai zu sehen.
„Als Künstler weiß ich, dass in der großen Pralinéschachtel der Kunstgeschichte der Barock ein sehr begehrenswertes Stück ist. Einige meiner Bilder sind in Form, Inhalt und Geschmack nach diesem Vorbild angelegt. Neben diesen überlieferten Ingredienzien verwende ich gerne moderne Inhaltsstoffe. Sie entfalten ihre Wirkung oft erst im Nachgang, so dass der zweite Eindruck den ersten zum unverhofft neuen Erlebnis macht.“ [1]
Durch die harmonische, abgestimmte Farbgebung, die leuchtend und rein hervor sticht, pastellig und matt anmutet, und die kleinen Formate, meist 65 x 50 cm auf Tischlerplatten, entsteht eine gewisse Vertrautheit, Nähe zu den Bildern, eine Intimität. Die Bilder sind still, wohl komponiert, ausgewogen und harmonisch im Bildaufbau trotz der Muster, Formen der verschiedenen strahlenden Farben, die durch das Lasieren entstehen. Bereits aus der Ferne locken sie und ziehen den Betrachter an sich heran.
In seinen Bildern finden sich zahlreiche Verweise auf die Malerei der Renaissance oder des Barock, religiöse Motive gesellen sich zu zeitgenössischen Figuren und Objekten und verbinden sich so zu einem gesamten Bild. Melzl lässt Bild-in-Bild Strukturen entstehen, fügt Handydisplays oder Bildschirmansichten vor eine naturalistische Umgebung oder einen monochromen Rahmen und setzt die verschiedenen Figuren mitten ins Bild. Raketen, Skateboards oder Google-Markierungen stechen auf den ersten Blick hervor, religiöse Themen, Mythologie oder Verweise aus der Kunstgeschichte werden erkennbar durch einen weiteren Blick. So schlägt Melzl Verbindungen, alt mit neu, Kunstgeschichte und Religion mit unserer heutigen Gesellschaft, alles gepaart mit Ironie und einem gewissen subtilen Witz.
„Auch die Malerei selbst trägt zum Amalgam-Charakter der Bilder bei. Die oft in mehreren Lasuren aufgetragene Farbe erzielt ihren Effekt erst im Zusammenklang der übereinander gelegten Schichten. Dieser Farbschichtung entspricht motivisch die Zeitschichtung. Die Bilder erhalten ihre Bedeutung erst in der Überlagerung der Bildzitate und Melzls eigenen Bildfindungen. So wie die erzählerischen Zitate – als unzeitgemäße Elemente oder scheinbar unstatthafte Übernahmen – werden auch die unterschiedlichen Stadien des Malprozesses ebenso bewusst wie lustvoll in die Bildentstehung einbezogen und verleihen einer komplexen Erfahrung von Gegenwart den adäquaten ästhetischen Ausdruck.“ [2]
So beschrieb Bernhart Schwenk in einer Monographie zu Stephan Melzl dessen Arbeitsweise.
Wirken die Figuren teilnahmslos? Es erscheint so. Lichteffekte machen die Umgebung lebendig, dagegen wirken die Figuren eher starr, auf etwas außerhalb des Bildes fokussiert. Das Bild wird hierdurch zu etwas Künstlichem, der Künstler sagt auch, dass Kunst künstlich sein muss, denn nur so kann das Bild eine Illusion bleiben. Die dargestellten Personen sind zwar häufig in einer Bewegung, treten dennoch aber steif und konzentriert auf, puppenartig. So vermitteln sie eine sorgenlose Ruhe. Gemeinsam mit dieser ausgestrahlten Ruhe und der Harmonie der Komposition transportieren die kleinen Gemälde eine ungewöhnlich entspannte Atmosphäre, die den Betrachter innehalten lässt.
„Die beschriebenen inhaltlichen und formalen Ambivalenzen bilden jene Mehrstimmigkeit, die fast alle Werke von Stephan Melzl charakterisiert: Das unmittelbare, überdeutliche zeigen geht stets einher mit einem verrätselnden Verbergen, die farbenfrohe, optimistisch wirkende Situation mit einer eigenartigen Erstarrung, einem befremdeten In-sich-gekehrt-Sein.“[3]
Melzl bedient sich in seiner Malerei dem Mittel der Allegorie, abstrakte Begriffe und Dinge wie beispielsweise das Wort Liebe oder Freiheit werden bildlich in Form einer Person oder eines Gegenstandes dargestellt. Der Künstler kombiniert eine profane Ikonografie mit sakralen Bedeutungen. Mythologie und Mode, Kitsch und Kunst vereinen sich mit ironischen Motiven zu einem Ganzen. Es ist zugleich Renaissance und Pop. So irritiert Melzl und führt den Betrachter durch sein Bildkonstrukt in eine neue und rätselhafte Welt. Der Witz, in ernsthafter Weise, bleibt enthalten, Melzl erfasst auf subtil humoristische Weise die Gegebenheiten unserer heutigen Gesellschaft, indem er die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft und Bildebene über Bildebene lagert.
So sind es verschiedenen Bildebenen. Der Betrachter wird aufgefordert diese zu erkunden. Denn erst bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass hinter der Aufteilung der Bilder durch Figuren und Formen, eine Geschichte steckt, eine Idee und verschiedene Zitate, aus Kunstgeschichte oder Religion.
Stephan Melzl spielt mit den Errungenschaften der Digitalisierung und thematisiert so unser Heute, unsere zeitgenössischen Mittel zu kommunizieren, zu arbeiten und im Alltag verbunden zu bleiben. Er greift diese in seinen Bildern auf, Handys, Google Standorte, und übersetzt diese Symbole mit der Formensprache einer traditionellen Malerei. So holt er die Malerei ins Hier und Jetzt und transportiert aktuelle Themen mit Hilfe konventioneller Malerei.
Der Künstler studierte an der berühmten Städelschule in Frankfurt am Main. Heute lebt und arbeitet er in Frankfurt und in Basel. Seit 1986 wurden seine Arbeiten in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Es befinden sich zahlreiche Werke in öffentlichen Sammlungen wie dem Museum für Moderne Kunst, Frankfurt, oder der Pinakothek der Moderne in München.
Melzl spielt mit den bunten Farben, trennt Vorder- von Hintergrund, verbindet sie durch die Farbgebung aber auch wieder. Einzelne Elemente können schon als abstrakt gelten. Es ist ein Spiel zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, Farbe gegen Farbe und Form gegen Form. Es ist ein Austesten der Grenzen. Letztlich entstehen bewegende und griffige kleine Tafelbilder, die zum Abdriften der Gedanken einladen und eine intime Zwiesprache herausfordern. Es bleibt aber dennoch immer eine Distanz erhalten, als hielten die Werke den Betrachter irgendwie auf Abstand. Die Bilder sind auf ihre eigene intelligente Art und Weise eine intellektuelle Reise und fordern den Geist heraus.
[1] Stephan Melzl, „Viel Lärm um Alles – Barockes in der zeitgenössischen Kunst“, Haus für Kunst Uri, 2011, S. 70.
[2] Bernhart Schwenk (Hrsg.): „Stephan Melzl“, Distanz Verlag, Berlin 2014.
[3] Bernhart Schwenk „Obskurer Traum, laszives Spiel – Die unverschämte Malerei von Stephan Melzl“, in Stephan
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