http://www.metmuseum.org/exhibitions/listings/2016/kerry-james-marshall

Porträt eines Afro-Amerikanischen Künstlers: Kerry James Marshall

Kerry James Marshall ist Afro-Amerikaner, seine Hautfarbe sehr dunkel. In der Kunstgeschichte schafften es nur wenige Schwarze erfolgreich zu werden. Motivisch traten sie meist nur als Diener, Dritter der Heiligen Drei Könige oder Bösewichte auf, doch nie als Hauptakteure im Mittelpunkt eines Bildes, sie waren keine Helden, keine Auftraggeber oder Stifter. Sie erschienen lediglich am Rande einer maßgeblich weißen europäischen Kunst.

Marshall aber ging seinen Weg, einen anderen Weg, und ist heute ein Wegbereiter nicht für schwarze Künstler, sondern für alle Künstler, die als Minderheit deklariert werden. Er kommentiert nicht nur die schwarze Identität in den USA, sondern ebnet einer allgemeinen Diskussion über Diskriminierung den Weg.

Seine Protagonisten sind allesamt schwarz, manchmal so dunkelhäutig, dass man sie nicht richtig vom Hintergrund unterscheiden kann. Dies natürlich ganz bewusst so inszeniert in seiner figurativen Malerei.

„Für die figurative Malerei habe ich mich entschieden, weil die Präsenz dieser Figuren wichtig ist. Damit eines Tages die Präsenz von schwarzen Figuren in den Büchern der Kunstgeschichte alltäglich sein wird.“[1]

Zurzeit widmet das The Met Breuer in New York (bis zum 29. Januar 2017) dem Künstler Marshall eine große Ausstellung, eigentlich die größte Museums Retrospektive des Künstlers, und zeigt 80 Werke, darunter 72 Gemälde, der letzten 35 Jahre. Zuvor war die Schau im Museum of Contemporary Art in Chicago zu sehen und wird im Anschluss nach Los Angeles ins Museum of Contemporary Art ziehen.

Leben in den USA als Schwarzer

Marshall wurde 1955 als Sohn im südlichsten Süden der USA, Birmingham, Alabama geboren. Sein Vater arbeitete bei der Post während seine Mutter den Haushalt schmiss. Es war eine Zeit, in der Rassenunruhen an der Tagesordnung standen und das Leben für Schwarze besonders im Süden nicht einfach war. Die Familie zog später als Marshall noch jung war nach Los Angeles, Kalifornien. Doch auch dort war das Leben in einem armen Viertel hart. Gangs bekämpften sich und auch Marshall musste miterleben wie hart dieses arme Leben inmitten von Gewalt war. Eine Diskriminierung wegen der Hautfarbe existierte fast überall.

Bereits früh als Schüler entschied sich Marshall Künstler zu werden und ging als Erster seiner Familie aufs College, das Otis Art Institute in Los Angeles, um Kunst zu studieren. Er malte aber nicht nur, sondern setzte sich intensiv mit der Kunstgeschichte, der Theorie und vielen großen Meistern und bekannten Malern auseinander. Seine Werke sind komplexe und vielschichtige Darstellungen von Jugendlichen, Interieurs, Aktdarstellungen, Alltagssituationen oder Landschaften, die er in traditionellen Genres wie der Landschaftsmalerei oder Historienmalerei wiedergibt und dessen Themen die Suche nach einer schwarzen Identität spiegeln.

Er arbeitet sich an den Meisterwerken ab

Bekannt wurde der Künstler für seine Malerei, doch auch Zeichnungen im Comicstil, Installationen, Fotografien oder Videos finden in seinem breiten Repertoire Platz.

Häufig erkennt man Referenzen zu anderen Malern und Stilen in Marshalls Werken, die sich mit dem Thema der Geschichte der Afro-Amerikaner auseinandersetzen. Er arbeitet sich an seinen Vorbildern ab und zitiert sie immer wieder. So will er die Historienmalerei in seiner eigenen und neuen Form fortführen, sie weiterentwickeln und zu neuem Leben entstehen lassen. „Ich wollte den Kanon der Kunstgeschichte nicht durchbrechen, sondern daran teilhaben.“[2]

Einige Auszeichnungen hat Kerry James Marshall bereits bekommen und es werden bestimmt noch einige hinzu kommen. So war er im Jahr 2014 der Wolfgang-Hahn-Preisträger der Gesellschaft für moderne Kunst. Er nahm in den Jahren 1997 und 2007 an der documenta Kassel teil und 2003 an der Biennale in Venedig. Sein Name ist also auch über die Grenzen Amerikas hinaus bekannt.

Rassismus und Diskriminierung bleiben Themen der Kunst

Kerry James Marshall, der heute in Chicago lebt und arbeitet, ist vordergründig politisch. Er setzt sich in seiner Kunst mit der Diskriminierung von Schwarzen auseinander. Es ist vielleicht auch eine Vergangenheitsbewältigung in einem Land, das sich nur schwer mit der eigenen Vergangenheit der Sklaverei, der Rassendiskriminierung und den daraus folgenden Konflikten auseinandersetzen konnte. Die Bilder sind nah am Kitsch, aber das stört nicht weiter. Die eindeutige künstlerische und politische Haltung wird durch den Kitsch indes noch betont. Seine Kunst bleibt spannend auf ihre Weise.

„Mit meiner Arbeit versuche ich herauszufinden, warum Schwarze konstant ausgeschlossen wurden. Alles, was wir tun, wird durch eine Machtstruktur, die weiß ist, bestätigt und befürwortet. Was die rassistische Hierarchie untermauert, bei der Wirrheit die privilegierte Position ist. Sobald man ständig am Rand zusehen muss, wie andere Menschen großartige Dinge vollbringen, hat es am Ende einen schädlichen psychologischen Effekt, weil es das Selbstwertgefühl untergräbt.“[3]

In Zeiten, in denen Rassismus und Diskriminierung immer noch Themen der Gesellschaft sind, hat Kunst und damit auch die Malerei als Mittler, Transporteur und Kommunikator einen hohen Stellenwert und sollte genutzt werden, um auf unangenehme Dinge in Politik und Gesellschaft aufmerksam zu machen. Seine bildhafte Sprache ist den stereotypischen Darstellungen von Schwarzen in der Kunst entgegengesetzt. Unsichtbares wird sichtbar gemacht, Traditionen umgekehrt. Kerry James Marshall ist ein Künstler, der seine Kunst nutzt, um zu verändern und zu zeigen, was nicht gut läuft. Unsere Welt heute braucht Menschen wie ihn.

[1] Kerry James Marshall in: Claudia Bodin: „Der Pate“, in art Magazin, Januar 2017, S. 90

[2] Kerry James Marshall in: Claudia Bodin: „Der Pate“, in art Magazin, Januar 2017, S. 90

[3] Kerry James Marshall in: Claudia Bodin: „Der Pate“, in art Magazin, Januar 2017, S. 93

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