Kunstverein Bonn

Maskulinitäten – eine feministische Ausstellung über die Männlichkeit

Was bedeutet Männlichkeit genau betrachtet? Was ist wirklich männlich, zumindest in der heutigen Zeit? Und warum spielt der Penis immer eine so zentrale Rolle in der Diskussion um die Männlichkeit, wenn es diese denn gibt?

Die Ausstellung „Maskulinitäten” ist eine Kooperation des Bonner Kunstvereins, des Kölnischen Kunstvereins und des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf und wird noch bis zum 24. November zu sehen sein. Diese drei Ausstellungen befassen sich mit den näheren Fragen zur Männlichkeit heute. Es sind künstlerische Betrachtungen unseres heutigen Gesellschaftsbildes. Dabei ist es nicht allein ein Ausstellungsprojekt, auch Veranstaltungen und Publikationen gehören dazu. „Gemeinsam wird der Frage nachgegangen, wie eine feministische Ausstellung über Männlichkeit aussehen könnte.”, heißt es in Ausstellungsinformation.

Maskulinitäten

Männlichkeit bezeichnet alle für den Mann als männlich angesehenden Charaktereigenschaften. Vornehmlich die Evolutionsbiologie und die Gender Studies beschäftigen sich wissenschaftlich mit dem Thema der Männlichkeit.

In der letzten Zeit gab es in den verschiedenen deutschen Kunstinstitutionen vornehmlich Ausstellungen zu den Themen: Frauen, Feminismus, weibliche Kunst. Die Ausstellungen „Maskulinitäten” jedoch versuchen neue Blickwinkel zu eröffnen und Männer und Männlichkeit zu betrachten, jedoch aus weiblicher Sicht, auf eine feministische Weise.

Maskulinitäten, Kunstverein Köln
Maskulinitäten, Kunstverein Köln

 

Zum Thema Männlichkeit gibt es wie bei der Weiblichkeit zahlreiche Klischees und Rollenvorstellungen, doch sind diese alle echt? Was ist Mythos, was ist Realität und was sind die Erwartungen an die Männer, gerade heute in einer Zeit, in der Frauen mehr und mehr für ihr eigenes Erstarken kämpfen und das Woman Empowerment immer mehr in den Fokus rückt? In einer Zeit, in der Feminismus eine größere Bedeutung als noch vor 50 Jahren besitzt?

Wie Männer und Frauen gesehen werden, wie sie sich selbst sehen, alles in Schubladen verstaut wird, Frauen und Männern bestimmte Rollen zugestanden werden, sind Fragen, die die Gesellschaft immer wieder betrachtet und sich immer wieder stellt. Diese Fragen verlieren nicht an Wichtigkeit und essentieller Kraft. Eine kritische Beleuchtung der männlichen Perspektive und der Änderungen der männlichen Rolle in der Zeit des weiblichen Empowerments ist wichtig geworden.

Maskulinitäten, Kunstverein Bonn
Maskulinitäten, Kunstverein Bonn

In den letzten Jahren waren Betrachtungen des Feminismus und der Weiblichkeit vorrangig, rückten mehr in den Fokus gesellschaftlicher Betrachtungen, nicht zuletzt aufgrund der #metoo Debatte. Doch auch eine Neu-Betrachtung des Männlichen ist nötig, denn die männliche Rolle unterliegt im Zuge der Veränderungen des Weiblichen und dieser Rollenverständnisse auch einigen Veränderungen und muss sich so neu aufstellen. Beide Rollenverständnisse, beide Definitionen, bedingen und beeinflussen einander. Es ist eine Findungsphase des Männlichen. Schließlich greifen hier alle Aspekte ineinander und beeinflussen sich gegenseitig. Wie stellt sich das Männliche auf? Was verstehen wir heute noch unter männlich? Dabei haben Klischeevorstellungen, die den Mann als einsamen Cowboy in einer texanischen Landschaft auf einem Pferd, der Marlboro Zigaretten raucht, endgültig ausgedient. Dennoch bestehen einige Vorstellungen immer noch. Inwieweit ist hier die Verknüpfung gesellschaftlicher Veränderungen mit den männlichen Vorstellungen vorangeschritten?

Die drei Ausstellungen zeigen neue Sichtweisen auf Männer, aus einer künstlerischen und feministischen Sichtweise, stellen sie in ihrer Nacktheit, in ihrem Stolz und ihrer Eitelkeit offen zur Schau. Männliche Genitalien sind dabei oft die Insignien der maskulinen Hoheit. Gezeigt werden auch männliche Fantasien, Männer bei einer als maskulin erachteten Tätigkeit, ihren männlichen Hobbys oder gar ihren tierischen Pendants. Es werden Vorstellungen von Männlichkeit entlarvt, die nur allzu reaktionär, mittelalterlich oder negativ traditionell daherkommen.

Maskulinitäten, Kunstverein Bonn
Maskulinitäten, Kunstverein Bonn

In der Textinformation zu den Ausstellungen heißt es: „Vor dem Hintergrund vorherrschender reaktionärer Manifestationen von Männlichkeit sowie einer uneingeschränkten Kritik an ihren hegemonialen Ausformungen zielt die Zusammenarbeit darauf ab, patriarchale und heteronormative Geschlechterkonzeptionen zu destabilisieren.“ Identität, Geschlechtlichkeit, Sexualität und Körper sollen bei den Konzepten in den Vordergrund gerückt werden.

Maskulinitäten, Kunstverein Köln
Maskulinitäten, Kunstverein Köln

In der Betrachtung des Männlichen und deren Verständnis spielt häufig auch die Frage nach Macht und Machtverhältnissen eine Rolle. Macht ist immer noch ein zentraler Begriff in unserer Gesellschaft und zeichnet sich immer noch deutlich ab. Macht zu besitzen über etwas, scheint erstrebenswert, und Macht wird oft auch in Verbindung mit Männern gebracht, denn ein Großteil derer beansprucht sie für sich, immer noch. Doch die Machtverhältnisse haben sich verschoben bzw. sind noch im Prozess der Verschiebung. Immer mehr Frauen beanspruchen auch Macht für sich, im Hintergrund läuft diese Verschiebung schon lange. Das ein oder andere Mal haben Frauen mehr Macht als Männer, ohne dass diese es mitbekommen. Auch auf dieses Verständnis versuchen die drei Ausstellungen eine Sichtweise zu entwickeln und herauszustellen inwieweit Machtverhältnisse für die Männlichkeit von Bedeutung sind. „Ausgehend von künstlerischen und kunsttheoretischen Perspektiven unterschiedlicher Zeitlichkeiten wird Männlichkeit als einem uneindeutigen, pluralistischen Konzept begegnet, das historisch bedingt, veränderlich und gesellschaftlich konstruiert ist.“[1]

 

Maskulinitäten, Kunstverein Köln
Maskulinitäten, Kunstverein Köln

Es sollte nicht immer so sein, dass Männer gegen Frauen kämpfen und Frauen gegen Männer. Es sollte vielmehr ein Zusammenerstarken, ein Zusammensein und eine Gleichberechtigung beider in den Mittelpunkt rücken. Dabei müssen Gesellschaftsbegriffe und die Rollen neu definiert und das System neu durchdacht werden. Eine Neupositionierung von Männlichkeit und Weiblichkeit muss angestrebt und Rollenklischees verbannt werden. Doch das ist alles ein langer Prozess und harte Arbeit, bei der auch der künstlerische Blickwinkel helfen kann.

Noch einmal zurück zu der Frage mit dem Penis: Ja, der Penis ist wichtig und auch wieder nicht. Alles hängt mit der Perspektive und dem Moment zusammen.

 

Maskulinitäten, Kunstverein Köln
Maskulinitäten, Kunstverein Köln

 

Maskulinitäten, Kunstverein Köln
Maskulinitäten, Kunstverein Köln

 

[1]Pressetext der Ausstellungen

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