Ein Kunstwerk näher betrachtet: Rembrandts „Selbstbildnis“ von 1662/1663

Rembrandt, 1606 in Leiden geboren und 1669 in Amsterdam verstorben. Der Name steht für einen Meister der Malerei. Rembrandt ist bekannt und die Forschung weiß viel über den niederländischen Künstler, der zahlreiche bis heute beliebte Werke schuf.  Seit seinem Tod wurde sein Leben und Schaffen weitreichend erforscht, dennoch bleiben ein paar kleine Rätsel offen, dennoch bewahrte Rembrandt einige Geheimnisse bis heute.

Ich möchte hier in dieser Rubrik Kunstwerke hervorheben. Dieses habe ich gewählt, da mich sein Motiv und die Atmosphäre, die es geschaffen hat, immer wieder von neuem in den Bann zieht.  Und es hat tatsächlich etwas sehr Geheimnisvolles und Rätselhaftes.

Mittig ist der Künstler als Brustbildnis im Halbprofil selbst zu sehen, mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. Sein Mund ist halb geöffnet und seine Augenbrauen hochgezogen. Er trägt eine Mütze und einen goldenen Schal, zudem eine Kette mit großem Anhänger. Seine Haltung ist leicht nach vorne gebeugt und sein Blick ist auf den Betrachter außerhalb des Bildes gerichtet. Das gesamte Gemälde ist in Braun-Gold-Tönen gehalten und in pastosem Pinselstrich aufgetragen. Durch den monochromen dunklen Hintergrund wirkt das Bild insgesamt düster und das Motiv des Selbstbildnisses sticht hell hervor. Am linken Bildrand ist bei genauem Hinsehen schemenhaft eine weitere Figur erkennbar. Sie verschwindet aber in der Dunkelheit. Wer ist diese Person? Darum ranken sich die Rätsel. Ist es eine Statue oder vielleicht eine alte Frau? Es gibt hierzu einige Thesen: zum einen wird vermutet, Rembrandt sähe sich in der Rolle des griechischen Malers Zeuxis, der der Legende nach starb, weil er sich über das Abbild einer hässlichen alten Frau totlachte. Passend hierzu, präsentiert sich Rembrandt lachend und mit der schemenhaften Figur. Das Bildnis entstand sehr spät und vielleicht war sich Rembrandt seines baldigen Ablebens bewusst. Und setzte sich auf die Stufe mit Zeuxis, dem bekanntesten Maler der griechischen Antike. Oder er wollte die Ironie des Lebens in Hinblick auf die Kunst betonen. Hinzu kommt, dass er sich selbst gerne in anderen und verschiedenen Rollen darstellte, so hier auch als Zeuxis?

Zum Weiteren gibt es die Theorie, dass es bei der schemenhaften Andeutung einer Figur um die versteckte Büste des griechischen Gottes Terminus handelt, der Rembrandt an sein Lebensende erinnerte.  Sozusagen eine Art Todesreflexion. Denn zugleich nahm wurde angenommen, das Werk sei in Rembrandts Todesjahr 1669, als er 59 und mittellos war, entstanden.

Zum anderen könnte es sich bei der Figur auch um den weinenden Heraklit handeln, demgegenüber sich Rembrandt als lachender Philosoph Demokrit sah, quasi als Anhänger des heiteren Lebensprinzip. Das Lachen und Weinen als gegenstellige Reaktionen auf die Welt.

Heute ist die Forschung aber sicher, dass das Selbstbildnis in den frühen 1660er entstand. Und die erste Theorie sei am wahrscheinlichsten.

Das Bild reiht sich eine lange Reihe von Selbstbildnissen, die Rembrandt während Lebzeiten malte. Insgesamt sind es ca. 70 bis 90 Werke, die genaue Zahl ist nicht bekannt.  Mit Hilfe dieser gesamten Selbstbildnisse betrieb er wohl eine psychologische Selbsterforschung. Es sind seine gemalten Memoiren, jedes Lebensstadium wurde von ihm verewigt.

Dieses Selbstbildnis jedoch sticht heraus, das sich von den anderen unterscheidet. Es kann nur mit Hilfe seiner Biographie in sein Gesamtwerk eingeordnet werden. Rembrandt stellte sich meist in seinen Selbstbildnissen als erfolgreicher Maler dar, hier jedoch eröffnet er eine neue Bedeutung eine neue inhaltliche Ebene mit der er Rätsel aufgab. Die erste Lebenshälfte Rembrandts war geprägt von Erfolg und Wohlstand. Doch ab 1638 endete sein sozialer und wirtschaftlicher Aufstieg durch persönliche Schicksale. Er musste einige Todesfälle in der Familie erleben und so kam es 1656 zu seinem wirtschaftlichen Konkurs. So könnte man das Selbstbildnis als Zeuxis als Selbstironie deuten, denn vielleicht ist es eine Reflexion seiner Selbst, denn er hatte erkannt, dass auch er sterblich ist.

Rembrandt hielt seine Physiognomie in dem 82,5 x 65 cm großen Bild in einer klaren Direktheit fest. Er war alt, dies lässt sich nicht verleugnen, dennoch wirkt es sympathisch, wahrscheinlich durch sein Lächeln, das uns als Betrachter direkt gewidmet zu sein scheint. Zudem umgibt die Rätselhaftigkeit das Bild mit einem besonderen Glanz, der spürbar ist.

Das Selbstbildnis hängt heute im Wallraf-Richartz Museum und bildet in dem Raum, in dem es hängt einen Mittelpunkt, da es eine ganz bestimmte eigene Anziehungskraft und Ausstrahlung hat.

 

Rembrandt Harmensz. Van Rijn
Selbstbildnis, 1662/1663
Öl auf Leinwand
82,5 x 65 cm
im Wallraf- Richartz-Museum, Köln

 

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